Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal richtig laut geschrien? Ich für meinen Teil bin eher zurückhaltend. Schreien liegt nicht so in meiner Natur. Mein letzter, richtiger Schrei war wohl, als Mario Götze Deutschland zum Fußball-Weltmeister gemacht hat. Aber das ist nun schon ein paar Jahre her – und hat natürlich nichts mit dem zu tun, was David damals erlebt hat.
David sagt: "Ich harrte des HERRN, und er neigte sich zu mir und hörte mein Schreien." (Psalm 40,2)
David war in großer Not. Wenn ich nur den Losungsvers der Herrnhuter Bibellese aus Psalm 40 lese, weiß ich erstmal gar nicht, was David zugestoßen ist. Wurde er von Feinden verfolgt? Oder war er schwer krank und sein Leben stand auf dem Spiel? Erst, wenn ich den ganzen Psalm lese, erfahre ich mehr über seine Notlage.
In Vers 13 heißt es: "…meine Sünden haben mich ergriffen, dass ich nicht aufsehen kann; sie sind zahlreicher als die Haare meines Hauptes, und mein Mut hat mich verlassen." David, der König Israels, wurde von Menschen angefeindet – aber das Schlimmste war für ihn etwas anderes: Er erkannte, wie Gott ihn wirklich sieht: als einen Sünder durch und durch.
An dieser Stelle wird der Psalm für mich ganz persönlich. Es gab eine Zeit in meinem Leben, da hat sich plötzlich alles komplett verändert. Durch meine Sünde schien mir der Boden unter den Füßen wegzubrechen. Angst und Mutlosigkeit hatten mich fest im Griff. Was konnte ich tun? Tabletten nehmen? Alkohol trinken, um die Not zu betäuben? Ich habe es versucht – aber es wurde nur noch schlimmer.
Ich wusste: Ich stehe vor Gott – aber ich habe dort eigentlich nichts zu suchen. Die Mauer zwischen dem heiligen Gott und mir schien unüberwindbar.
David hat in seiner Not gebetet: "Lass dir's gefallen, HERR, dass du mich errettest." Und er hat erlebt, wie Gott ihn aus dem tiefen Schlamm der Verzweiflung herausgezogen hat. Ich selbst hatte damals keine Kraft mehr für laute Schreie. Es war nur noch ein leiser Schrei in meinem Herzen, den kein Mensch hören konnte. Und Gott? Er hat ihn gehört und auch mir geholfen!
Kleine Kinder sind oft so hilflos. Ihnen bleibt nur das Schreien, um auf sich aufmerksam zu machen. Was mache ich dann? Drehe ich mich weg? Oder schiebe ich sie in ein anderes Zimmer, um das Schreien nicht mehr hören zu müssen? Natürlich nicht! Ich wende mich ihnen zu, neige mich zu ihnen und helfe. Sollte Gott, unser Vater im Himmel, es anders machen, wenn ich in meiner Hilflosigkeit zu ihm schreie?
Unsere Welt ist voll von Not und Schreien – oft stehe ich dem hilflos gegenüber. Aber der wichtigste Schrei der Weltgeschichte ist der am Kreuz von Golgatha: "Es ist vollbracht!" Dieser Ruf hat alles verändert! Jesus hat den Weg von uns sündigen Menschen zu Gott geöffnet. Gott selbst hat den Weg zu sich frei gemacht.
So wie David dürfen auch wir zu Gott schreien, wenn unsere Not groß ist. Ob laut oder leise – Er hört uns und neigt sich zu uns herab. Wir dürfen ihn sogar „Abba – lieber Vater“ nennen. Auch dann, wenn es uns vielleicht manchmal schwer über die Lippen kommt.