Von Volksverhetzung zur Bagatelle
Der Prozess gegen Olaf Latzel

Wegen des großen Interesses am Prozess gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel wurde am 20. November 2020 nicht im Amtsgericht, sondern im Konzerthaus "Glocke" verhandelt. Es waren etwa 30 Journalisten und ebenso viele Zuschauer anwesend.

Anklage und Beweisaufnahme
Etwa anderthalb Stunden lang wird die Audiodatei eines Eheseminars abgespielt. Latzel kündigt in dem Seminar eine „biblische Fahrschule zur Ehe“ an. Latzel spricht frei. Schon nach wenigen Minuten kommt die Passage, die ihm zur Last gelegt wird. Er spricht von „verworrenen Theologen“, die sich für weitere Geschlechter aussprächen. Doch „transgender“ und „divers“ hätten mit der Schöpfung nichts zu tun. Das sei „totaler Wahnsinn“. Latzel: „Der ganze Gender-Dreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung.“ Gott habe den Menschen als Mann und Frau geschaffen, Homosexualität sei eine „Degenerationsform“. Auch der Ausdruck „Verbrecher“ fiel.
Latzel warnt vor Ehebruch und sagt, dass die Bibel vorehelichen Sex ablehnt. Er verweist auf zahlreiche Bibelstellen. Evangelikale Gemeinden müssten sich gegen gelebte Homosexualität genauso aussprechen wie gegen Ehebruch. Wer jedoch gesündigt habe, für den gelte das Jesus-Wort: „Sündige hinfort nicht mehr.“ Der Sünder könne Gottes Barmherzigkeit in Anspruch nehmen.
Latzel fürchtet auch, dass Pastoren es künftig nicht mehr ablehnen dürfen, homosexuelle Paare zu trauen: „Diese Homo-Lobby, dieses Teuflische kommt immer massiver.“ Es handele sich um „Verrat am Wort Gottes“.

Olaf Latzels Erklärung
„In meinem Vortrag, den ich während dieses Eheseminares gehalten habe, sprach ich an einer Stelle von Verbrechern. Dieses bezog sich nicht auf homosexuell lebende Menschen, sondern auf militante Aggressoren, die uns als Gemeinde in den letzten Jahren immer wieder angegriffen und gotteslästerlich diffamiert haben. Ich nenne als Beispiel etwa die gottesdienstliche Störung anlässlich einer Predigt von Ulrich Parzany in unserer Kirche mit einem sogenannten ‚kiss-in‘ von etwa 50 gleichgeschlechtlichen Paaren und anschließenden Prügeleien mit Polizisten. Oder das wiederholte Beschmieren unserer Kirche mit Slogans wie ‚God is gay‘. Diese Gruppe von Straftätern sind von mir mit dem Begriff ‚Verbrecher‘ gemeint gewesen. Dieser Bezug war den anwesenden Zuhörern bekannt und wurde von mir in dem Vortrag, den ich in freier Rede gehalten habe, nicht noch einmal explizit erläutert. Wenn dadurch jedoch für einige Außenstehende der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich generell alle Homosexuellen für Verbrecher hielte, so will ich mich dafür entschuldigen und eindeutig klarstellen, dass dieses selbstverständlich nicht meine Meinung ist.“ Das Eheseminar sei nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen.

Die Staatsanwaltschaft
In ihrem Plädoyer sagt die Staatsanwältin Marlene Wieland, der Angeklagte habe sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. Seine Äußerungen zu Homosexualität und „Gender-Dreck“ richteten sich gegen Personen, die außerhalb der heterosexuellen, zweigeschlechtlichen Norm stehen. Der Angeklagte habe zu Hass aufgestachelt und die Menschenwürde angegriffen. Der Angeklagte sei ein „religiöser Fundamentalist“.
Die Staatsanwältin fordert, Olaf Latzel zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 90 Euro zu verurteilen.

Die Verteidigung
In seiner Gegenrede wirft Strafverteidiger Böttner der Staatsanwaltschaft vor, Latzels Ausführungen im Eheseminar nicht richtig analysiert zu haben. Man müsse den genauen Wortlaut und den Kontext beachten. Latzel habe von „Gender-Dreck“, nicht aber von „Gender-Leuten“ gesprochen. Und die Aussage „Homo-Lobby“ beziehe sich nicht ausschließlich auf Homosexuelle. Gleiches gelte für die Aussage „Verbrecher vom Christopher Street Day“. Dieser sei eine Veranstaltung, bei der etliche Teilnehmer keine Homosexuellen seien. Die Staatsanwaltschaft spreche in ihrer Anklage jedoch stets von Homosexuellen. Zudem blende sie entlastende Aussagen aus. So spreche der Angeklagte davon, dass er „nichts gegen die Menschen“ habe. Er fordere nicht dazu auf, aktiv etwas gegen Homosexuelle zu tun, sondern sage, man solle da nicht mitmachen. Böttner: „Die Staatsanwaltschaft präsentiert Ihnen einen Hassprediger ohne Hasspredigt.“ „Letztlich geht es doch darum: Die Menschen regen sich auf, dass Herr Latzel sagt, Homosexualität ist Sünde. Ob eine Bibelaussage gepredigt werden dürfe oder nicht, dürfe nicht davon abhängig sein, was die Mehrheit darüber denkt.“ Der Anwalt fordert den Freispruch seines Mandanten.

Das Urteil
Richterin Ellen Best hat in dem Prozess sehr zurückhaltend agiert. Sie hat wenige Fragen gestellt, nicht kommentiert, nicht bewertet. Wie sie den Fall einschätzt, blieb offen. Am 25. November verkündete sie ihr Urteil: Das Amtsgericht Bremen verhängte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 90 Euro.
Latzel habe Homosexualität als eine Bedrohung dargestellt, gegen die man sich wehren müsse. Seine Aussage, er unterscheide zwischen Homosexualität, die er ablehne, und Homosexuellen, die er als Menschen achte, sei nicht nachvollziehbar. „Homosexualität ohne Menschen ist nicht vorstellbar“, so die Richterin. Die sexuelle Ausrichtung sei Teil eines Menschen. Zur Höhe der Strafe erklärte die Richterin, sie bleibe „am untersten Rand“ dessen, was bei einer Verurteilung wegen Volksverhetzung verhängt werden könne. Die Verurteilung werde nicht in Latzels Führungszeugnis auftauchen.

Berufung
Latzels Verteidiger Sascha Böttner nannte den Richterspruch eine „Katastrophe“. Er könne zu einem „Einfallstor zur Beschränkung der Meinungsfreiheit“ werden. Das betreffe nicht nur Christen. Nach den Maßstäben, die das Gericht angelegt habe, könnten in Zukunft auch nichtchristliche Minderheitsmeinungen strafrechtlich verfolgt werden. Latzel habe „zu keinem Zeitpunkt Menschen als ,Gender-Dreck‘ bezeichnet“, sondern lediglich Kritik an einer politischen Strömung geäußert, die die Gender-Ideologie propagiere. Außerdem sei Latzel davon ausgegangen, dass die Aufzeichnung seines Vortrags nicht veröffentlicht werden sollte. Böttner und Latzel haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Berufsverbot
Der Kirchenausschuss (Kirchenleitung) der Bremischen Evangelischen Kirche hatte am 15. Mai 2020 selbst Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Pastor Olaf Latzel gestellt. Das geht aus der schriftlichen Begründung des Amtsgerichtsurteils gegen Latzel hervor. Bisher war bekannt, dass der Verein „Christopher Street Day Bremen“ am 30. April 2020 Strafanzeige gestellt hatte. Am 10. Dezember 2020 hatte der Kirchenausschuss beschlossen, Latzel vorläufig des Dienstes zu entheben. Als Grund nannte er die Verurteilung des Pastors durch das Amtsgericht Bremen.
Zur Amtsenthebung Latzels heißt es in einer Stellungnahme des Kirchenvorstandes von St. Martini, Latzel seien alle Dienste an seiner und für seine Gemeinde verboten worden: „Er darf weder in oder außerhalb von St. Martini predigen, keine Verkündigung im Internet halten, keine auswärtigen Evangelisationen durchführen. Es ist ihm zudem untersagt, alte und kranke Glieder seiner Gemeinde zu besuchen und ihnen beizustehen; er darf den Konfirmandenunterricht nicht mehr fortführen, keine Sterbenden begleiten, keine Beerdigungen vornehmen, keine Hintergrunddienste in der Verwaltung erledigen und vieles andere, was er normalerweise als Hirte unserer Gemeinde tut. Dieses gilt auch, wenn es von den Betroffenen ausdrücklich gewünscht wird.“
Die Vertreter des Kirchenausschusses, die Latzel verurteilten, seien nicht bereit gewesen, dem Pastor auch nur eines dieser Arbeitsfelder noch zu belassen, obwohl das Dienstrecht diese Möglichkeit ausdrücklich vorsehe. Dazu heißt es weiter: „Daher fehlt uns jedes Verständnis für diese gegenüber unseren Gemeindegliedern unbarmherzige und rücksichtslose Haltung des Kirchenausschusses. Wir sehen darin einen gezielten Angriff auf unsere Gemeinde und unseren Pastor, um St. Martini zu zerstören.“
Im Dezember 2020 kündigte der Kirchenvorstand von St. Martini an, im Januar einen Sonderkonvent einzuberufen, um zu prüfen, ob die Gemeinde den Gemeindeverbund verlassen kann. Das Dienstverbot wurde später wieder aufgehoben.

Der Freispruch
Das Landgericht Bremen revidierte das erstinstanzliche Urteil und hat Olaf Latzel von dem Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Das verkündete das Gericht am 20. Mai 2022. Es kippte damit das erstinstanzliche Urteil.
In der mündlichen Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Hendrik Göhner, im Prozess sei es nicht um die Frage gegangen, ob man Latzels Äußerungen gutheiße oder nicht. Für das Gericht sei allein entscheidend, dass der Tatbestand der Volksverhetzung nicht erfüllt sei. Für die Beurteilung spiele der Rahmen, in dem die Aussagen gefallen seien, eine wichtige Rolle. Latzel habe sie vor Mitgliedern seiner Gemeinde gemacht, die in der Vergangenheit mehrfach Störungen und Anfeindungen ausgesetzt gewesen sei. Das spreche dafür, dass sich seine Aussage „Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day“ nicht allgemein auf Homosexuelle, sondern auf die Urheber der Angriffe gegen die Gemeinde bezog. Außerdem seien die Äußerungen in einem geschützten Raum gefallen. Latzel habe glaubwürdig erklärt, dass eine Veröffentlichung nicht geplant war.
Weiter sagte Göhner, für die Beurteilung spiele auch eine wichtige Rolle, dass Latzel im Eheseminar konsequent von der Bibel her argumentiert habe. Seine Meinung, dass Homosexualität Sünde sei, falle unter den Schutz der Glaubensfreiheit. Zudem habe er zwischen Sünder und Sünde unterschieden. Aus dem Zusammenhang werde deutlich, dass er mit der Bezeichnung „Gender-Dreck“ die Gender-Ideologie gemeint habe und keine Menschen angreifen wollte.

Erneute Revision
Am 22. August 2022 wurde mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen ist. Demzufolge wird es einen weiteren Prozess vor dem Oberlandesgericht geben.

Freispruch aufgehoben
Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen hat am 23. Februar 2023 den Freispruch gegen Pfarrer Olaf Latzel in der Revisionsverhandlung aufgehoben.
Der Vorsitzende Richter Klaus-Dieter Schromek begründete seine Entscheidung damit, dass die Urteilsbegründung der Vorinstanz lückenhaft gewesen sei. Für die Begründung hätten nicht nur einzelne Aussagen des Vortrages, sondern die gesamten 1,45 Stunden berücksichtigt werden müssen. Er folgte damit dem Argument der Staatsanwaltschaft.
Florian Maaß, der Vertreter der Staatsanwaltschaft, hatte den Revisionsantrag damit begründet, dass in der Urteilsbegründung des Landesgerichts einzelne Passagen des Vortrags selektiv herausgegriffen wurden. Den Vorschlag des Richters, das Verfahren nach nunmehr drei Jahren mit Blick auf den Rechtsfrieden einzustellen, lehnte er ab.
Verteidiger Sascha Böttner sprach beinahe schon sarkastisch von einer "Einzelfallentscheidung, die ein bisschen Rechtsgeschichte geschrieben hat, indem sie das Revisionsrecht nahezu auf den Kopf gestellt hat."

Kommentar zur Aufhebung des Freispruchs
Die Anklage fand in den vergangenen Jahren gerade einmal vier (!) Sätze, die sie für "volksverhetzend" hielt und für die sich Latzel mehrfach entschuldigt hat. Nun argumentierte sie, als wäre ihr der gesamte Vortrag noch völlig unbekannt. Dass der Richter diesem Argument folgt, ist juristisch kaum zu begründen. Er folgt nicht dem alten Rechtsgrundsatz "im Zweifel für den Angeklagten", sondern lässt weiter nach "strafbarer Hetze" suchen. Das macht es mir schwer, an seine Unvoreingenommenheit zu glauben.
Während andere Verfahren eingestellt und Schwerverbrecher aus der U-Haft entlassen werden, weil die Justiz überlastet ist, geht dieser Prozess inzwischen ins vierte Jahr. Kein Wunder, dass der Erste Polizeihauptkommissar Holger Clas (Hamburg) "den Eindruck von sachfremden politischen Erwägungen" äußert. Ähnlich auch der Verteidiger Sascha Böttner, der von seinem Eindruck spricht, "dass es sich hier um ein politisches Verfahren handelt."

Die Einstellung des Prozesses
Landesgericht Bremen Am 28. August 2024 ging Strafverfahren gegen Pastor Olaf Latzel wegen angeblicher Volksverhetzung zu Ende. Olaf Latzel hat die "Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage" nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung selbst angestrebt und zahlt im Gegenzug 5.000 Euro an die Organisation "Rat & Tat-Zentrum für queeres Leben" in Bremen. An jenen Verein, der Strafanzeige gegen ihn erstattet hatte. Das juristische Gezerre ist nach fast vier Jahren endlich vorbei. Er lebt jetzt nicht mehr unter der Gefahr einer Verurteilung und es gilt die Unschuldsvermutung. Damit muss er auch nicht mehr fürchten, dass die Justiz von ihm die aufgelaufenen Gerichtskosten im hohen fünfstelligen Bereich eintreibt.

Die Äußerungen, für die er vor Gericht stand, waren gewiss unglücklich, missverständlich und eines Pastors unwürdig. Den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllten sie nie. Die Richterin räumte ein, dass die vergangenen Jahre für Latzel wegen des Strafverfahrens "sicher nicht einfach" gewesen seien. Seine Entschuldigung schätze sie als "authentisch" ein. Seine Äußerungen seien "so nicht gut" gewesen - ob sie strafbar seien, sei "unter Juristen umstritten". Man dürfe unter Bezug auf die Bibel durchaus öffentlich erklären, dass man Homosexualität für Sünde halte.

Deswegen ist auch die Bremer Justiz eine Verliererin dieser Gerichtsposse. Sie erweckte über weite Strecken nicht den Eindruck, dass es vor Bremer Gerichten nur um Recht geht - sondern auch um die Interessen der Bremer Politik, die sich zum "Fall Latzel" irritierend laut zu Wort meldete.
Das gilt besonders für die Staatsanwaltschaft, die über drei Instanzen stur behauptete, es gebe ein öffentliches Interesse an Latzels Verurteilung. Jetzt stimmte sie doch der Einstellung zu - und gesteht damit ein, dass die missglückten Aussagen eine Bagatelle waren, denn nur für solche Fälle ist Paragraf 153a anwendbar. Aber das gilt auch für die Amtsrichterin und die drei Berufsrichter beim Oberlandesgericht. Sie leisteten sich in ihren Urteilsbegründungen juristisch-handwerkliche Fehler und logische Widersprüche. Nach alledem musste Latzel tatsächlich fürchten, nicht den Freispruch zu bekommen, der ihm von Rechts wegen zugestanden hätte.

Die größte Verliererin ist aber die Meinungsfreiheit in unserem Land. Nicht nur viele theologisch konservative Christen fragen sich nach diesem Ende, ob sie eigentlich noch wagen können, zu gesellschaftlich umstrittenen Themen ihre Meinung zu sagen. Man wird das Gefühl nicht los, dass einige Politiker, Richter und Staatsanwälte in Bremen genau das erreichen wollten.

Das Gericht hat allerdings auch klargestellt, dass Christen ihre Meinung sagen dürfen. Das gilt auch für die Aussage, dass Homosexualität nach dem Zeugnis der Bibel Sünde ist. Entscheidend ist natürlich die Form, aber die Grundaussage darf weiter gemacht werden. Ob das in Zukunft so bleiben wird, ist fraglich.

Quelle: Nachrichtenmagazin IDEA 2020-2024

--------------------------------------

Persönliche Bemerkungen
Vorab gesagt: Ich finde Olaf Latzels Äußerungen unbedacht, unglücklich und unnötig. Schade, dass ein ansonsten von mir geschätzter Prediger sich dazu hinreißen ließ.
Andererseits frage ich mich, wie es mir gehen würde, wenn ich Morddrohungen erhalten hätte, meine Autoreifen zerstochen und mein Haus mit Parolen beschmiert worden wären. Wie würde es mir gehen, wenn Gottesdienste massiv gestört, die Gemeindeglieder und YouTube-Abonnenten öffentlich pauschal als „Fundamentalisten und Faschisten“ und „brauner Mob“ bezeichnet würden?* Wenn mein Arbeitgeber Strafanzeige gegen mich stellen würde und ich erst durch die Urteilsbegründung davon erfahre? Durchaus denkbar, dass mir auch mal der Kragen geplatzt wäre. Noch dazu, dass die Aussagen innerhalb einer kleinen Gruppe bekannter Seminarteilnehmer und ohne die Absicht der Veröffentlichung gemacht wurden.
Ich bin kein Jurist. Ich sehe in Latzels Äußerungen aber auch nicht, wo er zum Hass aufgestachelt hätte oder eine strafbare „Volksverhetzung“ zu erkennen wäre. Was ich aber sehe ist, dass der Ruf eines Menschen durch mediale Vorverurteilung und den „Internet-Pranger“ ohne rechtskräftiges Urteil aufs Spiel gesetzt wird. Wie schon gesagt: wie würde es mir dabei gehen?

Inwieweit der Vorfall Olaf Latzel persönlich schadet, kann ich nicht beurteilen. Seine klar an der Bibel orientierten Meinung zum Thema, die auch von vielen anderen Christen geteilt wird, wird er sicherlich nicht ändern. Trotzdem schärft sich wohl bei uns allen wieder ein Stück mehr die „Schere im Kopf“, werden wir erneut ein wenig vorsichtiger. Wie auch bei der Imbissbetreiberin Young-Ai Park   scheint zu gelten: „Bestrafe einen, erziehe hunderte“ (Mao).
Als Nebeneffekt des Prozesses haben sich Latzels Abonnenten bei YouTube in dieser Zeit von ca. 15.000 auf über 40.000 erhöht. Einzelne Predigten wurden über 70.000 Mal aufgerufen.

---------------------------------

* Der Pastor der evangelischen Friedenskirche in Bremen, Bernd Klingbeil-Jahr, gründete aus Protest ein "Bündnis für Respekt". Latzels Anhänger bezeichnete er am 06.07.2020 in der Sendung "buten un binnen" des öffentlich-rechtlichen Senders Radio Bremen als "braunen Mob" und als "Mischfeld aus christlichen Fundamentalisten und Faschisten". Die Staatsanwaltschaft Bremen stellte ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung, Beleidigung und übler Nachrede gegen Klingbeil-Jahr ein. Er habe keinen Straftatbestand erfüllt, hieß es in der Begründung.

Fotos v.o.n.u.:
idea.de / idea.de / CC BY-SA 2.0 DE