Der Feldgraue

Ein Soldat im 2. Weltkrieg hat Folgendes berichtet:

"Wir befanden uns mit unserer Gruppe auf dem Rückzug in Russland. Dabei waren wir in ein unwegsames Sumpfgebiet geraten. Wir waren auf eine Art Insel gekommen, von der aus wir nicht weiterkommen konnten. Kein Weg konnte gefunden werden, der uns durch den Sumpf hindurchgeführt hätte. Die Russen hatten uns entdeckt und bewarfen uns unaufhörlich mit Bomben. Die Lage war aussichtslos und wir sahen den Tod vor Augen.
Nun befand sich bei unserer Truppe ein Soldat, der den Spitznamen "der Fromme" trug. Der Führer unserer Truppe sagte in spöttischem Ton zu ihm: "Jetzt ist nichts mehr zu machen, wir sind alle verloren. Jetzt können Sie aber ruhig beten!" Die Kameraden lachten, aber der Fromme ließ sich durch das Lachen nicht beeindrucken. Er ging einige Schritte abseits, kniete sich an einem Gebüsch nieder und begann zu beten.
Da trat plötzlich ein Feldgrauer zu ihm, den er nicht kannte, und sagte: "Ich werde euch hier herausführen, ich kenne die Wege hier." Der Fromme ging zum Hauptmann und sagte ihm, der Feldgraue wolle sie alle aus dem Sumpf herausführen. Inzwischen waren alle verstummt und folgten dem Mann. Er brachte uns auf sicheren Wegen bis dahin, wo wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Dort angekommen, wollte der Hauptmann den Unbekannten sprechen. Aber dieser war spurlos verschwunden.
Über diesen Vorfall wurde ein offizieller Bericht an die vorgesetzte Dienststelle aufgesetzt. Das Ergebnis war, dass uns allen aufs strengste verboten wurde, jemals über dieses Vorkommnis zu sprechen."

Aus dem Buch "Botschaft von Drüben", Wilhelm Horkel, 1960